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LausitzEnergie kompakt  I  Juli/August 2021  I  Seite 2


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                 Ministerium erhöht Strombedarfsprognose



          Mitte Juli überraschte der Bundeswirt-
          schaftsminister Peter Altmaier mit einer
          neuen Prognose des Stromverbrauchs
          in Deutschland bis 2030. Er korrigier-
          te seinen bisherigen eigenen Wert auf
          665 TWh (= 665.000.000.000 kWh) Jah-
          resstrombedarf. Allerdings blieb er die
          Antworten  auf  mindestens  zwei  Fra-
          gen schuldig:  Warum korrigiert man
          die Prognose erst jetzt und wie soll der
          deutlich erhöhte Strombedarf in Zu-
          kunft gedeckt werden?
          Bereits seit Jahren gehen Experten der
          Energiewirtschaft, unter anderem der
          Branchenverband BDEW, von höheren
          Prognosen  als  die  Bundesregierung
          aus. Deren Annahme lag bisher bei ei-
          nem Jahresstromverbrauch von 580
          TWh. Der BDEW spricht sogar zukünf-
          tig von 700 TWh im Jahr, die Industrie,
          Handel und Gewerbe,  Verkehr sowie
          Haushalte  2030  benötigen.  Dass  das
          Wirtschaftsministerium erst jetzt eine  sitzEnergie kompakt haben wir an ver-
          realistischere Prognose präsentiert, hat  schiedenen Stellen immer wieder auf
          sicher auch damit zu tun, dass in Zei-  die Diskrepanz zwischen einem stei-
          ten der Energiewende, des Atom- und  genden Energiebedarf in der Zukunft
          Kohleausstiegs nicht klar ist, wo und  und dem kontinuierlichen Abbau der
          wie die 85 TWh Strom, immerhin 13 %  Erzeugungskapazitäten in Deutschland
          mehr, erzeugt werden sollen. Zum Ver-  hingewiesen.
          gleich, allein der Strombedarf von Han-  Allerdings wird jetzt die Zeit langsam
          del, Gewerbe und Dienstleistungen in  knapp. Mit und ohne nach oben korri-
          Deutschland beträgt 132 TWh im Jahr.  gierter Prognose sind die verbleiben-
          Lediglich ein völlig unkonkreter Hin-  den Jahre für konkrete Maßnahmen
          weis auf den weiteren beschleunigten  und Investitionen bis 2030 nur noch
          Ausbau erneuerbarer Energien, wird da  einstellig. Eigentlich schon viel zu we-
          nicht mehr ausreichen.            nig Zeit, weil die hohen Investitions-
          Schnelle Ideen und konkrete Lösungs-  budgets der  Energieerzeugungswirt-
          ansätze sind gefragt. Dass die Ener-  schaft langfristige Planungssicherheit
          giewirtschaft  seit  Jahren  nach  dem  erfordern und weil die zähen Genehmi-
          Atom-  und  Kohleausstieg  einen  Mas-  gungs- und Beteiligungsverfahren oft
          ter-Plan-Energie oder ein an der Praxis  schnellen Lösungen entgegen stehen.
          orientiertes Energiekonzept fordert, ist  Will Deutschland an einer prosperie-
          hinreichend bekannt. Auch in der Lau-  renden Perspektive für den  Industrie-
                                                       standort und einer am
                                                       Wachstum    orientierten
                                                       Wirtschaft   festhalten,
                                                       müssen  Standortnach-   ausreichen, um kontinuierlich und ge-
                                                       teile  wie Versorgungs-  nügend preiswerten Strom zu erzeu-
                                                       engpässe und steigende  gen. Noch dazu, weil 2030 Energie al-
                                                       Stromkosten vermieden  lein für etwa 14 Mio. Elektroautos, das
                                                       werden. Darf Stromman-  Herzstück der Verkehrswende, ca. 6 Mio.
                                                       gel die  Entwicklung nicht  Wärmepumpen, eine voranschreitende
                                                       ausbremsen!             Digitalisierung der Wirtschaft  und rund
                                                       Ein paar  Windräder und  30  TWh für  „grünen  Wasserstoff” zur
                                                       Solarmodule werden nicht  Verfügung gestellt werden sollen.
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